Das Finanzgericht hat heute sein neuestes Urteil vom 18.4.2013 (Az.: 16 K 922/12 L) zur Besteuerung von Teambildung-Maßnahmen und zur Gesundheitsförderung des Arbeitgebers veröffentlicht. Danach sind solche vom Arbeitgeber durchgeführte, für den Mitarbeiter kostenlose, Maßnahmen grundsätzlich lohnsteuerpflichtig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob Revision eingelegt wird ist noch offen.
Im Urteilsfall hatte ein Arbeitgeber im Rahmen seines Gesundheitsprogramm ein Konzept entwickelt, das dazu dienen sollte, die Beschäftigungsfähigkeit, die Leistungsfähigkeit und die Motivation der aufgrund der demografischen Entwicklung zunehmend alternden Belegschaft zu erhalten. Unter anderem wurde ein einwöchiges Einführungsseminar zur Vermittlung grundlegender Erkenntnisse über einen gesunden Lebensstil angeboten (sog. Sensibilisierungswoche). Das Angebot richte sich an sämtliche Mitarbeiter. Eine Verpflichtung zur Teilnahme war zwar beabsichtigt, aber gegen den Konzernbetriebsrat nicht durchsetzbar gewesen. Bei einer zugesagten Teilnahme bestand aber Anwesenheitspflicht unter Androhung von Sanktionen. Teilnehmer hatten vorab einen dies regelnden Vertrag zu unterzeichnen.
Die Kosten für die Teilnahme in Höhe von ca. 1.300 Euro pro Mitarbeiter abzgl. zu erwartender Zuschüsse der Krankenkassen bis zu 400 Euro übernahm der Arbeitgeber (Zusammensetzung: Übernachtungskosten für 6 Übernachtungen 204 Euro, Verpflegungskosten 330 Euro und Seminarkosten 766 Euro). Lediglich die Fahrtkosten hatte der teilnehmende Arbeitnehmer zu tragen. Der jeweilige Mitarbeiter hatte für die Teilnahmewoche ein Zeitguthaben oder Urlaubstage aufwenden.
Die Veranstaltung begann am Montag um 8.00 Uhr und endete am Freitag um 11.30 Uhr. Die einzelnen Veranstaltungen dauerten jeweils mindestens bis zum späten Nachmittag. Die individuellen Workshops während der Sensibilisierungswoche waren zielgruppenorientiert durchgeführt (Geschäftsleitung, Führungskräfte, Mitarbeiter und Betriebsräte). Schwerpunkt des Programms war, ein verändertes Führungsverhalten und ein anderes Miteinander-Umgehen anzustoßen. Das Modell zielte darauf ab, im Rahmen der Personal- und Organisationsentwicklung differenzierte Ansatzpunkte für Verbesserungen und Optimierungen zu definieren. Für jeden Arbeitsbereich sollten genaue Ansatzpunkte der Verbesserung und Optimierung der Arbeit gefunden werden. Die Sensibilisierungswoche diente dazu, auf Individualebene eine Beurteilung der eigenen Arbeits- und Leistungsfähigkeit vornehmen zu können, mit dem Ziel, selbständig Veränderungen einleiten zu wollen. Lediglich ein Nebeneffekt des Modells lag darin, dass es sich für den einzelnen Arbeitnehmer positiv auf sein gesundheitliches und soziales Wohlbefinden auswirken könne. Bei der Sensibilisierungswoche handele es sich nach Meinung des Arbeitgebers nicht um eine Gesundheitswoche, die der Wiederherstellung und Erhaltung der Gesundheit diene. Dementsprechend wurde auch kein Arzt eingeschaltet. Vielmehr stand die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens im Mittelpunkt der Betrachtung. Das Seminar sei vergleichbar mit Teambildungsmaßnahmen wie Survivalkursen oder Gruppenseminaren.
Die Seminare würden seit 2009 betrieben und auch weiter fortgeführt. Die Veranstaltungen waren bewusst nicht getrennt nach Führungskräften und Mitarbeitern besetzt. Bis 2011 hatten insgesamt 680 Mitarbeiter teilgenommen (400 Tarifangestellte, 245 außertariflich Beschäftigte, 33 leitende Angestellte und 2 Geschäftsführer).
Nach Auffassung des Arbeitgebers ist bei einer steuerlichen Behandlung der kostenlosen Teilnahme als Arbeitslohn jedenfalls ein Betrag von 500 Euro nach § 3 Nr. 34 EStG i.V.m. §§ 20, 20 a des Sozialgesetzbuches (SGB) Teil V steuerfrei. Da jedoch die angebotene Maßnahme im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers durchgeführt wurde, fehle es bereits an dem Entlohnungscharakter, so dass die „Zuwendung“ insgesamt nicht steuerbar sei. Das angebotene Seminar sei wie ein fachspezifisches Fortbildungsseminar zu behandeln. Nach Auffassung des Finanzamts kommt nur die Anwendung des § 3 Nr. 34 EStG (Freibetrag für gesundheitsfördernde Maßnahmen) in Betracht.
Das Finanzgericht Düsseldorf kam zu folgendem Urteil:
1. Das einwöchige Einführungsseminar zur Vermittlung grundlegender Erkenntnisse über einen gesunden Lebensstil ist als Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils zu qualifizieren, der lediglich im in § 3 Nr. 34 EStG beschriebenen Umfang (500 € pro Mitarbeiter und Kalenderjahr) steuerfrei zu belassen ist.
2. Bei der Teilnahme an der Sensibilisierungswoche handelt es sich um eine allgemein gesundheitspräventive Maßnahme. Die allgemeine Gesundheitsvorsorge liegt zwar auch im Interesse eines Arbeitgebers, aber zuvorderst im persönlichen Interesse der Arbeitnehmer. Dementsprechend bestand keine Verpflichtung zur Teilnahme der Arbeitnehmer an diesem Angebot des Arbeitgebers. Die Teilnahme war grundsätzlich freigestellt, so dass diejenigen Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Teilnahme hatten, die sich hiervon einen persönlichen Vorteil versprachen, beispielsweise gesundheitlich gefährdete Arbeitnehmer. Auch die Tatsache, dass die Arbeitnehmer Fahrtkosten und eigene Freizeit (Zeitguthaben, Urlaub) aufzuwenden hatten, unterstreicht den Gesamteindruck, dass hier den Arbeitnehmern zumindest auch ein Vorteil vermittelt wurde bzw. werden sollte. Diese Regelung setzte ein besonderes Eigeninteresse des Arbeitnehmers voraus, das ihn dazu bewegt, eigene Initiative und Aufwendungen einzubringen.
3. Die Maßnahme ist auch nicht vergleichbar mit fachspezifischen Fortbildungsseminaren oder Teambildungsseminaren. Zum einen fehlte es an den fachspezifischen Inhalten und zum anderen bestand der Teilnehmerkreis nicht aus Arbeitsteams, sondern war, wie die Klägerin selbst vorgetragen hat, gemischt zusammengesetzt.
4. Bei objektiver Betrachtung wurde den Arbeitnehmern ein einwöchiger Aufenthalt ohne weitere Verpflichtungen vermittelt.
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