Finanzgericht Münster, Urteil vom 24. April 2009 – 10 K 1010/07 E – Rev. eingelegt (Az. des BFH: VI R 58/09) – Begriff der Arbeitsstätte i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG bei Außendienstmitarbeitern
Sucht ein Außendienstmitarbeiter den Firmensitz seines Arbeitgebers einmal täglich auf, ist der Firmensitz des Arbeitsgebers auch dann als regelmäßige Arbeitsstätte i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zu qualifizieren, wenn dem Außendienstmitarbeiter dort kein individuell eingerichteter Arbeitsplatz zur Verfügung steht und er dort nicht täglich Anweisungen bzw. Aufträge von seinem Arbeitgeber erhält.
Sachverhalt:
Umstritten ist die Versteuerung des geldwerten Vorteils aus der Gestellung eines Firmenfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Der Außendienstmitarbeiter war von seinem Arbeitgeber angewiesen zu Kontrollzwecken und für Absprachen mit dem jeweiligen Kundenberater täglich zunächst die Betriebsstätte in A-Stadt aufzusuchen, bevor er in seinen Einsatzbereich fahren darf. Dementsprechend begab sich der Außendienstmitarbeiter täglich einmal in die Betriebsstätte seiner Arbeitgebers, wo ihm jedoch kein individuell für ihn eingerichteter Arbeitsplatz zur Verfügung stand.
Der Außendienstmitarbeiter verfügte über ein Firmenfahrzeug, welches er auch für Privatfahrten nutzen durfte. Die private Nutzung des Firmenfahrzeugs wurde nach der sog. 1 v. H.-Regelung i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG versteuert.
Das FG Münster entschied:
Die vom FA vorgenommene Versteuerung des geldwerten Vorteils für die Nutzung des Firmenfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gem. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ist materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Außendienstmitarbeiter kann sich nicht darauf berufen, der aus der Gestellung des Fahrzeugs für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Firmensitz in A-Stadt resultierende Vorteil sei kein Arbeitslohn. Ob der in einer Kfz-Gestellung für die Fahrten zum Firmensitz liegende Vorteil Arbeitslohn ist, richtet sich nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG.
Für die Beurteilung einer Arbeitsstätte i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG gelten die Grundsätze des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG entsprechend.
Eine regelmäßige Arbeitsstätte i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung ist jede ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zuzuordnen ist, und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und immer wieder aufsucht. Die Beurteilung des Betriebssitzes des Arbeitgebers als regelmäßige Arbeitsstätte ist nicht von der Intensität und der Dauer der dort ausgeübten beruflichen Tätigkeit abhängig. Entscheidend ist vielmehr, ob der Betriebssitz durch das wiederholte Anfahren des Arbeitnehmers eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten erlangt. Eine regelmäßige Arbeitsstätte liegt hierbei nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz des Arbeitgebers täglich aufsucht, um dort Aufträge entgegenzunehmen, abzurechnen und Bericht zu erstatten. Sie kann ebenso in den Fällen anzunehmen sein, in denen der Arbeitnehmer die Fahrten zum Betriebssitz des Arbeitgebers regelmäßig nur an einem Tag in der Woche durchführt.
Der Außendienstmitarbeiter suchte den Firmensitz in A-Stadt täglich auf. Unschädlich ist hierbei, dass der Außendienstmitarbeiter nicht an jedem Tag einen Auftrag oder Waren entgegennahm. Ausreichend ist insoweit, dass er sich an jedem Tag einmal im Firmensitz meldete. Als regelmäßige Arbeitsstätte wäre der Firmensitz in A-Stadt sogar zu qualifizieren, wenn der Außendioenstmitarbeiter dort lediglich an einem Tag in der Woche zugegen gewesen wäre.
Das Vorhandensein eines für den jeweiligen Arbeitnehmer individuell eingerichteten Arbeitsplatzes ist nicht erforderlich.
Unschädlich ist nach Meinung des FG Münster ferner, dass der Außendienstmitarbeiter am Firmensitz keine arbeitsvertraglich geregelten Tätigkeiten ausübte. Eine regelmäßige Arbeitsstätte wird bereits dann begründet, wenn der Betriebsitz als Anlaufstelle dient, die der Arbeitnehmer – wie im vorliegenden Klageverfahren – wiederholt aufsucht.
Achtung: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beim Bundesfinanzhof ist ein Revisionsverfahren hierzu anhängig, Az: VI R 58/09.
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